Rekapitulation

 

Descartes Gedankengang war folgender: Bei der Aussonderung des Bezweifelbaren aus einem großen Gesamtvorrat verschiedener Behauptungen, die zur Erwägung stehen, entdeckte er, dass etwas unbezweifelbar Gegebenes übrig bleibt. Subjektiv private Bewusstseinsinhalte, deren Bezug auf äußere Gegenstände als bezweifelbar eingestuft wurde, bleiben in ihrer sich selbst bezeugenden subjektiven Gegebenheit bestehen.

[Bezweifelbarkeit korreliert im Fall subjektiver Bewusstseinsinhalte mit einer eigentümlichen Art von Unbestreitbarkeit und im Falle der Existenz des denkenden Subjekts mit ‚Undenkbarkeit des Gegenteils’. Man könnte sagen: Descartes stößt über einen Fall von assertorischer, introspektiver Gewissheit vor zu einem Fall von apodiktischer Gewissheit, also vom Bewusstsein des Denkens zum Bewusstsein von Denkbarkeit.]

Für subjektive Eindrücke und in ihrer Gültigkeit problematisierte Aussageinhalte wird kein Kriterium objektiven Gegebenseins gefordert, weil in diesem Fall keine bestreitbare Behauptung aufgestellt wird. Es ergibt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen der Subjektivität für die erste Person singularis und der Subjektivität des andern insofern, als eine Behauptung über die Subjektivität des andern diese Art von Unbestreitbarkeit nicht besitzt. „Du denkst, insofern kannst du auch sicher sein, dass du existierst.“ – Das ist keine gültige Paraphrase von Descartes Ansatz. Ob der andere denkt oder nicht denkt, ist zunächst einmal keine Frage absoluter Evidenz, letztlich aber auch keine Frage hinreichender empirischer Evidenz in der Art, dass es hinreichende objektive Kriterien für subjektives Bewusstsein geben könnte.