Von der Art des menschlichen Denkens und Verhaltens

 

Die Art unseres Denkens und Handelns ist uns unbewusst. Sie beruht auf der Vorentscheidung zu betriebsblinder Rou­tine.

 

Reagieren Menschen auf Reize? Natürlich tun sie das. Wir wissen es aus Erfahrung. Wir sind Menschen, wir ha­ben Bedürfnisse, wir suchen und finden Gelegenheiten, etwas zum Zweck der Bedürfnisbefriedigung zu tun. Was wir aber oft übersehen, ist die Tatsache, dass wir die gegebenen Situationen selektiv und per­spektivisch wahrnehmen. Wir interpretieren und deu­ten die Situation, wir tätigen Unterstellun­gen und Hypothesen. Es interessiert uns nur ein typi­scher Zug an der Situation. Wir reagieren dann auf eine für uns typische Art und Weise, die wir uns im Laufe unseres Lebens zueigen gemacht haben, ohne es recht zu bemerken. Man kann auch sagen: Wir reagieren schematisch nach den für uns typischen Gewohnheiten, die wir uns im Laufe unseres Lebens vorgefertigt und angeeignet haben. – Unser Leben unterliegt Gewohn­heiten des Denkens, Empfindens und Verhaltens. Unser Leben unterliegt eingeübten Denk-, Empfindungs- und Verhaltensmustern.

 

Wir sind uns der Art unseres Sprechens, Denkens und Verhaltens oft nicht in genügendem Maße bewusst. Genügend wofür? Um eventuell anders zu denken und uns anders zu verhal­ten, wenn dies vorteilhaft für uns wäre. Auf die Enttäuschung einer Erwartung reagieren wir z. B. gereizt, gekränkt oder gar verletzt. Wir sinnen eventuell sogar auf Retorsion der Verlet­zung. Wir sind uns des auslösenden Ereignisses bewusst, die Art unserer Reaktion halten wir für zwangsläufig. Die Art unserer Reaktion ist aber nicht zwangsläufig. Sie ist  dem auslösen­den Ereignis mehr oder weniger angemessen, es ist etwas Optionales darin. Sowohl in der Aufnahme und Bewertung des auslösenden Ereignisses als auch in der ausgewählten Art der Reaktion gibt es einen wil­lentlichen Eigenanteil, oft einen Willen zur Unterstellung und Über­reaktion. In der emotio­nal erhitzten Art unseres Verhaltens entgeht uns dieser Aspekt weitgehend. Wir sind uns der optio­nalen Art unserer Auffassungen, Bewertungen und Verhaltensweisen in nicht genügendem Maße bewusst. Es ist uns nicht klar, welche Arten des Denkens und Ver­haltens wir uns zuei­gen gemacht haben. Ein merkwürdiger Punkt.

 

Im angeführten Beispiel könnte es z. B. vorteilhaft für uns sein, den Schmerz der Enttäu­schung mit Geduld und einem ironischen Kommentar verwinden zu lernen, anstatt gereizt und gekränkt zu reagieren. Wenn wir unseren gekränkten Stolz ausagieren, dann kann sich die Situation zu einer sehr komplizierten Angelegenheit entwickeln.

 

Dieser Punkt, nämlich der willentliche Eigenanteil in unseren Auffassungen und Überreaktionen,  ist in fast allen Konflikteskalationen von zentraler Bedeutung. Es ist sozusa­gen die Feinabstimmung unseres Denkens und Verhaltens, welche unter Bedingungen von Stress, Ungeduld, Übereilung, Erzwingen-wollen und emotionaler Erhitzung Schaden leidet. Übertreibung und Über­eifer bemessen sich hier an denkbaren Alternativen, die harmloser und bekömmlicher für uns wären, uns aber in der Situ­ation nicht in den Sinn kommen. – Deshalb müssen wir die Adä­quatheit unseres Denkens und Verhaltens unter geeigneten Bedingungen trainieren. Angst und äußerer Druck, sowie Fixie­rung auf zu erreichende Ziele und angeblich zwingende Verfah­rensweisen verderben die Atmosphäre, das Umfeld dieser Lernvorgänge. Oft er­zeugen wir Situationen des Drucks, des Wettbewerbs, der Anspannung und der falschen Prio­ritäten, wel­che eine vernünftige Art des Denkens und Handelns sehr erschweren. Wir Men­schen können uns selbst und andern das Leben sehr schwer machen. – Und wir machen uns auch den Weg zu einer besseren Art des Lernens und der Weiterentwicklung sehr schwer.

 

Henry James hat den Ausspruch getan: „Denken ist ein unbewusster Akt.“ Ich paraphrasiere: „Die Art unseres Denkens und Verhaltens, für die wir uns vorentschieden haben, ist uns [oft] nicht [in genügendem Maße] bewusst.“ Genügend wozu? Hinsichtlich unserer Fähigkeit, uns [im Sinne unserer Bedürfnisse insgesamt] stimmig und schadensmindernd zu verhalten, kann man sagen. Oder hinsichtlich unserer Fähigkeit, uns bedürfnisintegrierend zu verhalten. Oder hinsichtlich unserer Fähigkeit, uns selbststeuernd hinsichtlich einer Harmonisierung mit dem Freiheitsspielraum unserer selbst und anderer zu verhalten. - Vorhaben, Interessen und Ver­fahrensweisen sind aber immer mit im Spiel. – Dass der Mensch „denket, wählet und richtet“, in Bezug auf Ziele und Arten des Denkens und Handelns, diese Tatsache ist ebenfalls immer im Spiel.

 

Durch das Zusammenwirken der typisch menschlichen Verhaltensweisen [in einer durch den Menschen geprägten Umgebung] entstehen die typisch menschlichen Situationen. Es sind Ergebnisse der Wechselwirkung unserer Verhaltensweisen. Mit ge­wollten und ungewollten Folgen der Taten. Oft wenden Menschen Verhaltensweisen der Ungeduld, der Nötigung und des Erzwingens an. Sie setzen sich wechselseitig unter physischen, psychi­schen und moralischen Druck, Angst und Emotion werden geschürt, weil die Erfahrung lehrt, dass andere durch Reize und Emotionen aufgestachelt werden können. Aber in der emotionalen Hitze, die all dies mit sich bringt, gerät das Spiel fast zwangsläufig außer Kontrolle. Unvorhergesehenes geschieht, wofür niemand verantwortlich gemacht sein möchte. Es kommt zu Situationen, die niemand so gewollt hat. Wir verlieren das Ziel der gemeinsamen Freiheit aller Betroffenen [unserer Verhaltensweisen] aus den Augen.. Streit und Kampf, destruktive Konflikte entstehen.

 

Der psychologische Aspekt des betriebsblinden Ausagierens irgendwelcher Programme, die wir uns zueigen gemacht haben, ist in Verbindung zu bringen mit den sozialpsychologischen Auswirkungen unserer Verhaltensweisen auf andere. Wenn ich nicht erkenne, was ich mit meinen Denk- und Verhaltensweisen andern und mir selbst antue, störe ich das Zusammenspiel wechselseitig bestehender Freiheitsspielräume und bemerke es nicht einmal. Insofern ist das erwachende Bewusstsein bezüglich dessen, was wir in unserem programmgesteuerten Übereifer tun, sozialpsychologisch relevant. Vor allem, wenn es uns gelingt, unsere Verhaltensweisen hinsichtlich der Harmonisierbarkeit mit andern wechselseitig abzustimmen.

 

Wir fürchten Gesichtsverlust und die Verantwortung für das, was misslingt. Daher ergibt sich ein Widerstand, den aktiven Eigenanteil [in der Reaktion auf auslösende Ereignisse] zuzu­gestehen. Es handelt sich um einen Widerstand, die Überreaktion sich einzugestehen. „Ich musste so reagieren, ich konnte nicht anders“, denkt der, der da auf einen Auslöser reagiert hat. Und ist selten bereit dazu, mit einem Dritten oder auch nur mit sich selbst darüber achtsam zu Rate zu gehen. Er empfindet den Dritten, der ihn da beratschlagen will, z. B. als „Klugscheißer“. Auch hier die Aggressi­vität des abwehrenden Widerstands. Und genau hier liegt wahrscheinlich ein Problem in der Art des Denkens und Verhaltens bei dem Betroffenen vor. „Der betroffene Hund bellt“, sagt das Sprichwort richtig für diesen Fall. – Auch die Psychoanalyse hat die Bedeutung dieses Phänomens erkannt. Wo man den Widerstand bemerkt, trifft man auf die verfestigte Art des Denkens und Verhaltens, wo es sich der Mensch nicht leisten zu können glaubt , eine Denk- und Verhaltensart vor den Spiegel der Aufmerksamkeit stellen zu können.

 

Schwierig ist es, jemandes Aufmerksamkeit auf Aspekte der Situation zu lenken, wenn er diese Aspekte übersehen will. Hier heiß es, taktvoll und diplomatisch sein! Entlarvungspsychologie hilft hier nicht, sondern verstärkt die Blockade. Um Wahrheit streitend, wird man hier schwerlich Beipflichtung erhalten. Wer hier geeignete Themen und richtige Worte zu finden weiß, beherrscht eine hohe Kunst.

 

Der Übergang von einer auslösenden Situation zu Vergeltungs- und Strafaktionen ist eines der wichtigsten Phänomene der genannten Art [der aktiven Reaktion]. Wobei der Mensch den Eigenanteil in seiner Reaktion leicht übersieht und eine Überreaktion erfolgt. „Gerechter Zorn“, „vergeltende Tat“, mit der­gleichen Ausdrücken stellt man die Sache dar. Das Phänomen ist von alters her bekannt. Die Bibel warnt im alten Testament vor der Rache und Vergeltung, weil sie bei Gott liege, das Bedürfnis angemessener Vergeltung ist also nicht abwegig, aber der Mensch wird zur Zurückhaltung aufgefordert, weil er fast zwangsläufig in Übertreibung verfällt. – Natürlich gibt es im Rechtswesen die Konzeption von gerechtfertigtem, institutionalisierten Zwang, ein Thema, auf das ich hier nicht eingehen möchte, obwohl es einschlägig wäre. - Auch im neuen Testament wird davor gewarnt, dass die ver­geltende Tat leicht in Teufelskreise der Gewalt führe. Dies ist m. E. der entscheidende Punkt der Nicht-Vergeltung oder Vergeltungsvorsicht, nicht die Auffassung, dass man sich alles gefallen lassen solle. Aber es genügt z. B., sich von einem Menschen, der mit unfairen Mitteln streitet, sich abzugrenzen und höflich zu distanzieren, in affektvolle Polemiken mit persönlichen Angriffen muss man sich nicht hineinziehen lassen. So könnte es auch gemeint sein mit der Warnung vor der vergeltenden Tat.

 

Werfen wir einen Blick auf verschiedene psychologische Standpunkte! „Wir bemerken nicht [in genügender Weise], was wir uns gegenseitig antun.“ „Wir bemerken nicht [in genügender Weise], unter welchem  Einfluss welcher Emotionen wir handeln.“ Das waren unsere Thesen bezüglich der Art des menschlichen Handelns. – Das ist also ein Aspekt, den man psycho­analytisch nennen kann, weil für die Art des Denkens und Handelns „Unbewusstheit“ und „betriebsblinder Aktionismus“ festgestellt wird.

 

Dasselbe Phänomen bei C.G. Jung: Der Mensch denkt und handelt unter dem Einfluss von Archetypen. Das sind typische Unangemessenheiten und Übertreibungen, Stilisierungen, eventuell archaische, mythische Notfallprogramme, die uns besonders in Situationen des Stresses, der überforderten Erwartungen und emotionalen Überhitzung heimsuchen. Auch hier der Aspekt des „Unbewussten“ und der „Betriebsblindheit“. – Mythen und Märchen bringen die Verhaltensschemata in Reinkultur und sozusagen überlebensgroß zur Darstellung und wirken dadurch bisweilen wie ein Zauberspiegel des menschlichen Lebens.

 

Bei Eric Berne, dem Begründer der Transaktionsanalyse: die Skripte, die man sich lebensge­schichtlich zueigen gemacht hat, ebenfalls betriebsblind, bedingen schematisierendes Denken, tendenziöse Wahrnehmung und schematisierendes Verhalten. – Seine „Rabattmarkensamm­lung“ ist ein Vorwand vergeltenden Verhaltens, bzw. eine Verharmlosung des vergeltenden Verhaltens. Das Sich-Se­hen in Opfer-, Täter-, Verfolger- und Beschützerrollen sind betriebsblind gewollte Weisen des Denkens, Empfindens und Verhaltens. 

 

Zum Schluss dasselbe Phänomen bei Albert Ellis, der sich von der Psychoanalyse abgewendet hat und eine Rational Emotive Verhaltenstheorie propagiert. In der Beschreibung und Formulie­rung der Phänomens des aktiven Eigenanteils [bei der Auffassung und Reaktionsweise in einer ver­haltensauslösenden Situation] ist er m. E. einer der sorgfältigsten und beweglichsten Autoren gewesen. ABC-Theorie des Verhaltens nennt er seine Theorie sehr griffig. A – Activating Stimulous, das auslösende Ereignis des Verhaltens, B – Belief, die interpretierende und bewertenden Auffas­sungen der Situation, nebst Muss-Turbatoren bezüglich irgendwelchen Zielen und Verfah­rensweisen, C – die verhaltens-, emotions- und ergebnismäßigen Konsequenzen unserer Denk, Empfindungs- und Verhaltensweisen. Die Denk- und Verhaltensweisen werden durch das Ergebnis rückkopplungsmäßig selbst wiederum modifiziert, verstärkt oder geschwächt. – Der aktive Eigenanteil, die Skripte, Archetypen und das Unbewusste haben hier ihre Stelle bei den „beliefs“. Oft sind es „irrationale Beliefs“, weil es harmlosere, weniger problematische Verhaltens-, Denk- und auch Empfindungsalternativen gäbe. Das Gemachte an unseren Emotionen, Gefühls- und Empfindungsmustern tritt in eingehenden Erörterungen typischer Beispiele, wie z. B. Prüfungs- und Versagensangst, deutlich hervor. - In angeblich „spontanen“ Gefühlen und Empfindungen kann man oft eine verfestigte Art der Aufnahme der auslösenden Situa­tion erkennen, z. B. eine „Gefühlsmasche“. Es geht darum, dass ich mir der Art meines Den­kens und Verhaltens bewusst werde. Aber auch der Alternativen zu dieser Art, kleinerer oder größerer  Abänderungsmöglichkeiten, kann ich mir bewusst werden, was mir viel­leicht hilft, selbstgeschaffene Zusatzprobleme einzuschränken oder zu vermeiden.

 

Der gegenwärtige Aufsatz ist ein Beispiel, wie man zentrale Auffassungen verschiedener Schulrichtungen psy­chologischer Theorie unter einem integrativen Gesichtspunkt betrachten kann. Es ist klar, dass man sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede in den Focus der Aufmerksam­keit setzen kann. – Auf Gemeinsamkeiten abstellen und/oder auf Unterschiede abstellen, in der Betrachtung mehrerer Meinungen, hierin haben wir ebenfalls ein Beispiel [auf höherer Ebene] von typischen Verfahrensweisen des menschlichen Denkens. Identität und Differenz heißen die Gesichtpunkte des ver­gleichenden Denkens.

 

Ein weiterer Gesichtspunkt erscheint mir abschließend von Bedeutung zu sein. Alle diese Betrachtun­gen der Art des menschlichen Verhaltens sind „rein naturwissenschaftlich“ nicht möglich. Wir entdeckten ja nicht nur die Rolle der Interpretations- und Auffassungsspielräume [für die Art des menschlichen Verhaltens]. Der „aktive Eigenanteil“ [in der Art des Reagierens auf auslösende Situationen] führte uns auch auf  den ethischen Gesichtspunkt des Eigenanteils, der Eigenverant­wortung. Wir sind damit zu der Frage gelangt, welches die relevanten Gesichtspunkte dieser aktiven Eigenverantwortung, der Aktion in meiner Reaktion, sind bzw. sein sollten. Wo bin ich der Täter in meinem Leben? – Das ist die Frage des erwachenden Bewusstseins.  Was sollte mir zum Maß der Verhaltensbeurteilung werden? – Das ist die Frage nach einer besonderen Art des Empfehlenswerten. Nach dem Guten, nach dem wahrhaft Gebotenen.

 

Vermeidung eigenverantwortlicher Zusatzprobleme, das ist ein Gesichtspunkt, durch den ich mich selbst als Freiheitswesen voraussetze. Erfüllung irgendwelcher Erwartungen? - Auch hier bin ich als Freiheitswesen im Spiel, weil ich zwischen berechtigten und unberechtigten Erwartungen unterscheiden muss. Ich muss auch Prioritäten setzen und mich fragen, ob es die richtigen sind. Bedürfnisintegration? - Auch hier ein aktives Selbstverhältnis, wo es um eine Aufgabe geht und nicht nur um einen Ist-Zustand. Der Weg der gemeinsamen Freiheit? – Hier ist die ethische Komponente sofort deutlich, weil ja das Prinzip der gemeinsamen Freiheit der Grundsatz einer Moral der freien Sitte ist. „Sitte“ ist hier normativ, nicht faktisch.

 

Dass ethische Gesichtspunkte in der Art unseres Denkens und Verhaltens zwangsläufig involviert sind, ist ebenfalls ein Punkt, der leicht übersehen wird. Von wertenden Stellungsnahmen in diesem oder je­nem Falle können wir uns distanzieren. Wir können das Werturteil in Suspension setzen, vor­sichtig damit umgehen, was auch oft ratsam ist. – Leicht kommt es gerade in Wertungs-Fragen zu Missverständnissen, Kränkung und Streit, - Ganz ausschalten können wir das Werturteil aber nicht. Durch Verbot wertenden Stellungsnahmen würden wir alle Wertungen als unzulässig bewerten, was irgendwie ein Selbst-Dementi ist. Die Betrachtung menschlichen Lebens und menschlichen Verhaltens hat unverlierbar auch ethische und pragmatische Aspekte.

 

Der Ausdruck „pragmatisch“ soll hier an Kants Schrift „Anthropologie in pragmatischer Hinsicht“ erinnern. Er unterscheidet „physiologische“ von „pragmatischer“ Anthropologie. Hirnforschung, Biologie des Menschen, naturwissenschaftliche Medizin ist nach diesem Sprachgebrauch „physiologisch“. Beim „Pragmatischen“ geht es um Betrachtungen, die auf den Menschen als handelndes Wesen, als Freiheitswesen, bezogen sind. Diese Betrachtungen sind auch auf „Hindernisse der Freiheit“ bezogen, wo der Mensch, z. B. durch Erregung der Einbildungskraft Einschränkungen [oder  Erhöhungen?] seiner Handlungsfähigkeit erleidet bzw. sich selbst antut. Auch Kant hat das Problem der Betriebsblindheit, mit wir unsere Denk- und Verhaltensmuster ausagieren, gesehen. Wenn man nachdenkt, sind die „Triebfedern“ unseres Verhaltens nicht aktiv, sagt er, und wenn die „Triebfedern“ aktiv sind, dann denkt man nicht nach. [AA VII, S. 121] Zudem kann man sich nicht selbst beobachten, ohne sich dadurch irritierend zu beeinflussen. Und andere kann man nicht beobachten, ohne dass sie sich verstellen. Es ist keine leichte Aufgabe, sich selbst, seine Denk-, Empfindungs- und Verhaltensmuster zu erkennen. Aber eine Aufgabe ist es doch, besonders „in pragmatischer Absicht“. Und diese „pragmatische Hinsicht“ ist auch der letzte Zweck philosophischer Anstrengungen.

 

© copyright Jürgen Baader, Bad Dürkheim, 2010