Skizze einer Hochzeitsrede mit Anspielung auf das Humesche Problem

 

Ausgangspunkt ist der Spruch: „Zweimal zu heiraten, das bedeutet den Sieg der Hoffnung über die Erfahrung.“ – Original Samuel Johnson, wegen seiner Gelehrsamkeit meist Dr. Johnson genannt: „Die Zweitehe ist der Sieg der Hoffnung über die Erfahrung.“ - In der Folge muss man aber die melancholi­sche Tendenz des Spruches etwas relativieren. Erfahrung beinhaltet ja eigentlich nur Vergan­genheit, lässt also die Zukunft offen. Was geschehen wird, kann man eigentlich nicht aus Erfahrung wissen. Es steht einfach noch nicht fest.

 

Dann müsste man irgendwie die Kurve kriegen zu dem Gedanken, dass Frau und Mann ja eigentlich von Natur aus zur Harmonie des Einvernehmens bestimmt sind, sozusagen zum freien, sich ergänzenden Spiel ihrer Fähigkeiten und Kräfte  und nur ganz gelegentlich, nämlich in Ausnahmefällen, zu Rechthaberei, Streit und Kampf der Gegensätze. Indem sie ihre Fähigkeiten entsprechend trai­nieren und in guter Übung aufbauen, erreichen sie diesen Weg, der im Grunde genommen bereits ein hohes Ziel ist. Die Formel von der Einheit der Unterschiede bietet sich an. Ihr seid Musiker und wisst, wie das Hohe und Tiefe, das Schnelle und Langsame zu har­monischer Einheit zusammengefügt werden können. Zum Schluss bieten sich die Mottos aus Shakespea­res „Kaufmann von Venedig“ an. „Wer mich erwählt, gewinnt, was mancher Mann begehrt.“ Der Prinz, ein Feudalherr, der so wählt, kann die Braut nicht erhalten. „Es ist nicht alles Gold, was gleißt“, muss er erfahren. – Das personifizierte Mittel­maß wählt natürlich: „Wer mich erwählt, bekommt so viel als er verdient.“ Keine Frage, auch er kann die Braut nicht erhalten. – „Wer mich erwählt, der gibt und wagt sein alles.“ Nur mit diesem Motto kann der geeignete Bewerber die Braut erlangen. Und damit sind wir wieder am An­fang von dem Triumph der Hoffnung über die Erfahrung.

 

© copyright Jürgen Baader, Bad Dürkheim, 26.12.2007