4. Subjektgebrauch von 'ich' und verschiedene Irrtumsimmunitäten
[Existenzgarantie und Verwechslungsunmöglichkeit]
Nähern wir uns der Sache auf
etwas andere Weise: die Möglichkeiten irrtümlicher Existenzannahme und
fälschlicher Identifikation entfallen in der Erwägung des „ich denke und „ich
existiere“, also gegenüber dem [gedachten] Subjekt subjektiver
Selbstzuschreibungen [von Empfindungen, Bewusstseinsinhalten usw.]. - Ich kann
mich in diesem Falle nicht irren - der Art, dass es zwar jemanden gibt, der
[etwas] zu denken oder [etwas] zu empfinden glaubt, aber nicht ich selbst es
bin (sondern ein anderer es ist), der dies tut. Das ist die Irrtumsimmunität
(respektiv irrtümlicher Bezugnahme), die für den Subjektgebrauch von 'ich' gilt (s.u.).
Es ist ebenfalls nicht
möglich, dass ich lediglich irrtümlich glaube zu existieren, wenn ich etwas zu
denken oder zu empfinden glaube.
Der erstgenannte Punkt war
die Unmöglichkeit der Verwechslung, auf die wir an späterer Stelle zurückkommen
werden, weil es Fälle gibt, in denen mir bezüglich der eigenen Person eine
Verwechslung unterlaufen kann. Es ist aber nicht möglich, dass es ein anderer
(oder etwas anderes) als ich selbst sein könnte, der (das) Subjekt
verschiedener subjektiver Selbstzuschreibungen ist; - wie 'ich denke', 'ich
empfinde Freude' u. dgl.. - Vielleicht sollten wir
noch subjektiver formulieren: 'ich glaube zu denken' usw., aber ist das nicht
übertrieben?
Wer die Wendung "ich
glaube zu denken, dass ..." anstatt "ich denke, dass ..." als
Ausdruck der unmittelbaren Subjektivität fordert, gibt zu erkennen, dass er
folgende Situation für möglich hält: ich glaube zu denken, denke aber nicht
wirklich. - Ähnlich wie ich glauben kann, etwas zu wissen, de facto aber mit der
angenommenen Sache nichts weiß, weil der entsprechende Sachverhalt nicht besteht.
- Wer also die Wendung "ich glaube zu denken, dass ..." fordert,
macht das Denken selbst zu einem Vorgang, für dessen Existenz objektive
Kriterien ausschlaggebend sind und benötigt nun einen anderen Ausdruck für das
Phänomen der originären, unmittelbaren Subjektivität; - wenn es ihm nicht sogar
um völlige Eliminierung dieser Art von Subjektivität geht. (Dies wäre der Fall
bei einem Vertreter eines "harten", nicht nur „methodischen“
Behaviourismus). Bei Descartes finden wir unter dem Ausdruck "Denken"
die originäre Subjektivität der persona prima singularis: "Unter Denken verstehe ich alles, was derart in uns geschieht,
dass wir uns seiner unmittelbar aus uns selbst bewusst sind."
[Principia, 1. Teil, § 9]
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