7. Subjekt, Gott und Welt

 

Eine andere, „gewagte“ Ausdrucksweise: "Die bloße Denkbarkeit des absoluten Subjekts des Denkens beinhaltet das Erfordernis (Notwendigkeit) seiner Existenz." Hierin liegt eine Nähe zum sogenannten "ontologischen Gottesbeweis". Als Abgrenzung dagegen gilt mir folgendes: das absolute Subjekt wird gedacht als absolute, nicht hintergehbare Grenze der Abstraktion, seine Existenz ist identisch mit der Existenz der Form des Bewusstseins bzw. des Denkens überhaupt, der Gottesbegriff dagegen enthält das Merkmal der allumfassenden, absoluten Seinsfülle.

Wegen. des allumfassenden Charakters dieser Fülle entfällt die Möglichkeit äußeren Bedingtseins (dieser Ganzheit). Die Existenz des Ichs dagegen schließt ein anderes seiner selbst nicht aus, sondern beinhaltet lediglich die Denkbarkeit dieses Subjekts in Beziehung auf alles andere, wobei dieses andere durch diese Beziehung den Charakter der Denkbarkeit besitzt.

Der spekulativ-metaphysische Gottesbegriff bezieht sich auf den Inbegriff an denkbarem Inhalt überhaupt, auf die Gesamtheit (Einheit, Ganzheit) an prädizierbarem Sosein überhaupt. Der Begriff eines solchen Wesens enthält das Merkmal der Ganzheit, der Einheit, Einzigartigkeit und Einmaligkeit per definitionem. Es geht um den Inhalt, das Was dessen, das gedacht werden kann, d. i. der (denkbare) Inbegriff dessen, auf was das denkende Subjekt sich denkend zu beziehen vermag. Dieses ens summum der theoretisch-metaphysischer Spekulation ist (das) All der Realität (omnitudo realitatis).

Der Begriff „Welt“ ist ebenfalls Begriff eines Ganzen: derjenige Teilbereich des Denkbaren, dem wir raum-zeitliche Existenz zuschreiben, d. i. die Gesamtheit des raum-zeitlich Existierenden, d. i. das Universum, das Weltall. In dieser Bedeutung kann es nur ein Universum, nur eine einzige Welt geben.

Hier entsteht allerdings ein Sonderproblem: Es könnte jemand die Einheit verschiedener Räume und Zeiten bezüglich einer allumfassenden allgemeinen Ordnung des Neben- und Nacheinander bestreiten. Die Frage ist hier, inwieweit es uns gelingt, von verschiedenen Universen zu sprechen, die nicht als Teile eines Hyperuniversums anzusehen sind. Fiktionen von Paralelluniversen, die durch 'Wurmlöcher' miteinander in Verbindung stehen, erfüllen m.  E. diese Bedingung nicht. Deshalb erkenne ich diese Fiktionen nicht als Instanz gegen die (gedachte, bzw. denkbare) Einheit des Raum-Zeitlichen an. (Die Einheit des Raum-Zeitlichen besteht in seiner Denkbarkeit.)

Gewissermaßen liegt es nahe, dasjenige Denkbare, dem wir raum-zeitliches Bestehen zuschreiben, als raum-zeitlich sich manifestierende Denkbarkeit aufzufassen. Insofern ist die Welt die Erscheinungsform gedachter [bzw. irgendwie denkbarer] absoluter Seinsfülle.

Mit interessanter Mehrdeutigkeit hat Schelling die Welt als "Abfall des Absoluten" bezeichnet. Abfall ist erstens das Abgefallene (von etwas) und zweitens der Müll, den wir produzieren, ohne dass er der eigentliche Zweck unseres Tuns ist. Das absolute Inhalt unseres Denkens ist die nicht-empirsche Existenz des Subjekts, aber diese Existenz ist ohne die Beziehung auf anderes [Beimengung von anderen Inhalten] nicht in unserem Bewusstsein gegeben. Wir müssen [etwas] denken, um uns der Nicht-Hinweg-Denkbarkeit des Subjekts zu vergewissern.

Absolutes Subjekt und Denkbarkeit überhaupt sind korrelativ in dem Sinne, dass das Subjekt Denkbares (von Denkbarem) denkt. Im Falle des ontologischen Argumentes [in verschiedenen Spielarten bei Anselm, Descartes, Spinoza und Leibniz] versucht man zu beweisen: die erkennbare Notwendigkeit der Existenz eines Inbegriffs an denkbarem Inhalt überhaupt, d. i. die (notwendige) Existenz eines Inbegriffs an Realität. [Denkbarer Inhalt, das ist zunächst: begrifflicher Inhalt, Inhalt an prädizierbarem Sosein, also Klassifikationsmerkmal, in der Folge dann propositionaler Inhalt, d.i. Aussageinhalt, ausgesagter Sachverhalt. Erkenntnis [Wissen, Kenntnis usw.] tritt demgemäß auf vermittelst von Begriffen, Aussagen und mittelbaren Schlussfolgerungen.]

 

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